Mediation
"Urteile nie über einen anderen, bevor du nicht wenigstens einen Tag in seinen Mokassins gelaufen bist."
Indianische Weisheit
"Wenn einer gewinnt, verlieren alle."
Orientalisches Sprichwort
"Alles ist richtig - auch das Gegenteil."
Kurt Tucholsky
Mediation ist die Kunst, Konflikte konstruktiv zu lösen
Mediation ist eine von mehreren Möglichkeiten, Konflikte außergerichtlich zu lösen. Mit der Einführung des Mediationsgesetzes vom 21. Juli 2012 hat sie eine gesetzliche Grundlage erhalten. Im Unterschied zu dem ebenfalls gesetzlich geregelten Schiedsverfahren, an dessen Ende der Schiedsrichter einen Schiedsspruch verkündet, hat der Mediator keine Entscheidungeskompetenz.
Mediation ist ein strukturierter Kommunikationsprozess, in dem die am Konflikt Beteiligten mit Unterstützung des Mediators zunächst ihre Sichtweisen darstellen. Sodann werden die Interessen der Beteiligten erarbeitet – was wollen sie wirklich? Sodann werden Lösungsoptionen verhandelt..
In der Mediation werden Konflikte schneller und nachhaltiger gelöst als in gerichtlichen Verfahren.Das Tempo wird nicht durch den Terminkalender des Gerichts, sondern durch die Beteiligten bestimmt. Die Nachhaltigkeit beruht darauf, dass das Ergebnis der Mediation von allen Beteiligten getragen wird.
Folgende Wesensmerkmale kennzeichnen die Mediation:
Vertraulichkeit
Freiwilligkeit
Selbstbestimmtheit
Informiertheit
Allperteilichkeit (des Mediators)
Ergebnisoffenheit
Vertraulichkeit bedeutet: alles, was in der Mediation zur Sprache kommt, wird vertraulich behandelt. Scheitert die Mediation stehe ich im Streitfalle keiner der Parteien als Zeugin zur Verfügung.
Freiwilligkeit bedeutet: Sie haben das Mediationsverfahren freiwillig gewählt und können es jederzeit beenden.
Selbstbestimmtheit bedeutet: Sie bestimmen die Themen der Mediation und auch das Ergebnis.
Informiertheit bedeutet: Sie sind über alle Faktoren, die für die Inhalte der Mediation von Bedeutung sind, vollständig und richtig informiert.
Allparteilichkeit betrifft meine Rolle als Mediatorin und bedeutet, dass ich jede der Mediationsparteien gleichermassen im Mediationsprozess in der Kommunikation unterstütze.
Ergebnisoffenheit bedeutet, dass das Ergebnis der Mediation für keine der Parteien von vornherein feststeht, sondern gemeinsam erarbeitet wird.
Im Mediationsverfahren kommen nicht nur jurisitische Aspekte zum Tragen. Es wird vielmehr die Ursache des zu bearbeitenden Konflikts ergründet. Zur Lösung des Konflikts werden alle nur denkbaren Ressourcen der Beteiligten in Betracht gezogen. Auch dies ist ein Vorteil gegenüber der an Anspruchsnormen orientierten rein juristischen Bearbeitung. Um es bildlich auszudrücken: Das Spielfeld ist größer.
Mediation ist gekennzeichnet durch direkte Kommunikation zwischen den Beteiligten. Die Kommunikation über die Anwälte dagegen ist charakterisiert durch das "Stille Post Prinzip".:Jeder kennt das Spiel "Stille Post": Nr. 1 gibt an Nr. 2 einen Begriff oder eine Botschaft zur Weitergabe. Nr. 2 gibt es an Nr. 3, dieser an Nr. 4, bei Nr. 5 schließlich landet ein völlig anderer Begriff oder eine zumindest verzerrte Botschaft. Das mag als Gesellschaftsspiel amüsant sein, übertragen auf die Kommunikation zweier Konfliktparteien über Anwälte bedeutet dies folgendes:
A und B haben einen Konflikt. Beide sind anwaltlich vertreten, (Anwalt A und Anwalt B). A teilt seine Position und sein Anliegen in dem Konflikt seinem Anwalt A mit zur Weitergabe an B über seinen Anwalt B. Anwalt A teilt Anwalt B das Anliegen und die Position von A mit, so wie er sie verstanden hat. Anwalt B gibt seinem Mamdanten B weiter, was Anwalt A ihm mitgeteilt hat, so wie er es verstanden hat. Bei B kommt also das Anliegen von A gefiltert durch zwei Anwälte an, die möglicherweise dieses auch noch auf den juristischen Aspekt reduzieren. Missverständnisse sind daher vorprogrammiert.
In der direkten Kommunikation formuliert A sein Anliegen, unterstützt vom Mediator, B gegenüber direkt. B hat die Chance, ebenfalls unterstützt vom Mediator, unmittelbar zu reagieren. A und B treten in einen ungefilterten Austausch ihrer jeweiligen Anliegen und haben zudem die Chance, auch die nicht juristischen Aspekte, die von den Anwälten ausgeblendet werden, in die Bearbeitung des Konfliktes einzubingen.
Mediation empfiehlt sich immer dann, wenn persönliche, familiäre Beziehungen, Beziehungen zwischen Eheleuten oder Eltern und Kindern oder auch geschäftliche oder nachbarschaftliche Beziehungen trotz der Konflikte erhalten werden sollen. Im Mediationsveerfahren agieren die Beteiligten eigenverantwortlich. Anders als in der juristischen Auseinandersetzung, in der die Verantwortung für die Lösung des Konflikts an die Gerichte delegiert wird, behalten die Beteiligten im Mediationsverfahren ihre Handlungshoheit.
Familienmediation
Unter Familienmediation verstehe ich die Bearbeitung familienrechtlicher Konflikte insbesondere bei Trennung und Scheidung im Wege der Mediation. Aber auch vorbeugend können im Wege der Mediation ehevertragliche Regelungen erarbeitet werden.
Beispiel Sorgerecht:
Wird der Streit um die elterliche Sorge für ein gemeinsames Kind vor Gericht ausgetragen, befassen sich mehrere Professionen mit dem Privatleben der betroffenen Personen, nämlich die Anwälte, der Familienrichter, der Verfahrensbeistand als Anwalt des Kindes, das Jugendamt als beteiligte Behörde, und gegebenenfalls auch ein Sachverständiger, wenn ein familienpsychologisches Gutachten eingeholt wird.
Alle diese Beteiligten durchleuchten intensiv das Privatleben der betroffenen Familie, es finden Hausbesuche durch das Jugendamt und den Verfahrensbeistand statt. Wenn das Kind alt genug ist, wird es vom Familiengericht angehört. Das Privatleben wird sozusagen "auf links gedreht". Dies geschieht in einer Situation, die ohnehin für alle Beteiligten mit hohem emotionalen Stress verbunden ist.
Hinzu kommt, dass die Eltern die Entscheidung über eine Frage, deren Benantwortung weit reichende Folgen für ihr ganzes Leben und das der betroffenen Kinder nach sich zieht, in die Hände völlig fremder Personen geben, deren Haltungen und Wertungen für die betroffenen Eltern gänzlich unbekannt sind.
Darüber hinaus wird dem betroffenen Kind der Eindruck vermittelt, dass die Eltern nicht in der Lage sind, über eine das Kind existentiell betreffende Frage miteinander zu reden.
Wird das Problem im Wege der Mediation angegangen, haben die Eltern die Gelegenheit im geschützten Rahmen, moderiert durch den Mediator ihren Sorgerechtsstreit miteinander zu erörtern, ihre Argumente auszutauschen, ihre Positionen zu überprüfen und selbstbestimmt Handlungsoptionen zu entwickeln, die sie für ihre persönliche Situation für zukunfts- und tragfähig halten. Gerichte und Behörden werden aus dem Privatleben herausgehalten. Die Beteiligten behalten die Verantwortung für die Gestaltung ihres Familienlebens unter den durch die Trennung geänderten Umständen.
Hierbei soll nicht verkannt werden, dass es für die Beteiligten vordergründig einfacher ist, in der ohnehin stressbeladenen Situation die Verantwortung an Anwälte und Gerichte abzugeben und dass es große Überwindung kostet, sich mit der Person, von der man maximale emotionale Kränkung erfahren hat, an einen Tisch zu setzen.
Allerdings werden die gegenseitigen Kränkungen durch die im Sorgerechtsstreit auszutauschenden Argumente eher verschlimmert, während sie im Rahmen der Mediation angesprochen werden können, so dass auch diesen Aspekten auch in angemessener Weise Rechnung getragen werden kann.
An die Stelle der Konfrontation tritt die für das Wohl des betroffenen Kindes unerlässliche Kooperation der Eltern.
Beispiel Unterhaltsrecht
Wird der Streit um die Zahlung von Unterhalt vor dem Familiengericht ausgetragen, schauen auch hier in der ersten Instanz vor dem Amtsgericht drei fremde Personen auf das Privatleben des betroffenen Paares, 2 Anwälte und der Familienrichter. In der zweiten Instanz vor dem Oberlandesgericht sind es dann schon fünf Personen, nämlich drei Richter und zwei Anwälte.
Da werden die Einnahmen und das Ausgabeverhalten des betroffenen Paares unter die Lupe genommen und diskutiert. Kann eventuell mehr verdient werden? Wo können Einsparungen vorgenommen werden? Die Notwendigkeit bisher einvernehmlich getätigter Ausgaben, Restaurantbesuche, Urlaubsgestaltung etc. wird bestritten. Auch hier werten und urteilen Personen, denen das Paar fremd ist und umgekehrt.
In der Mediation sind Einkünfte und Ausgaben ebenfalls offen zu legen, da andernfalls tragfähige Ergebnisse nicht zu erreichen sind. Allerdings hat hier das betroffene Paar die Gelegenheit, offen miteinander zu diskutieren, kreative und flexible Lösungen.zu entwickeln, die den individuellen Bedürfnissen Rechnung tragen. Darüberhinaus können Ressourcen herangezogern werden, die in der rein juristischen Bearbeitung vor Gericht nicht zum Tragen kommen beispielsweise Familiennetzwerke oder anderweitige Unterstützung von außen. Auch bei Meinungsverschiedenheiten über den Unterhalt gilt: Kränkungen können durch im Rechtsstreit gewechselte Schriftsätze, in denen jeder der Beteiligten seine Maximalposition vertritt, vertieft werden. Auch in der Mediation werden gegenseitige Vorwürfe erhoben, jedoch können sie bearbeitet und auf ihre Relevanz in der Unterhaltsfrage für jeden der Beteiligten überprüft werden.
Und auch hier gilt: vordergründig ist es einfacher, in der stressbelasteten Trennungssituation die Verantwortung an Anwälte und Gerichte abzugeben. Nachhaltiger sind allerdings die Ergebnisse, über die man sich in der Mediation geeinigt hat..
Auch der Zeitfaktor ist entscheidend: Ein Unterhaltsrechtsstreit kann sich, erst recht, wenn er durch mehrere Instanzen geht, über einen langen Zeitraum hinziehen. Das Tempo bestimmen nicht die Beteiligten, sondern es ist durch den Terminkalender des Gerichts vorgegeben.Für die betroffenen Beteiligten ist dies auf jeder Seite mit hoher Unsicherheit über die wirtschaftliche Zukunft und damit einher gehenden Existenzängsten verbunden.
In der Mediation bestimmt das betroffene Paar das Tempo selbst. Pausen in der Mediation dienen der Überlegung und ggfs. Einholung von Informationen.
Wegen der Kompliziertheit des Unterhaltsrechts sollten die Beteiligten die von ihnen getroffene Einigung von Anwälten ihres Vertrauens, die allerdings mit dem Wesen der Mediation vertraut sein sollten, auf die juristische Haltbarkeit überprüfen lassen.
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